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Der Kreis-Haushalt muss sozial sein

[Rede von Kreisrat Dr. Carsten Labudda, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises vom 18. Juli 2023] 

Ich darf mal wieder eine Vorbemerkung zum Kollegen Dr. Göck (SPD) machen: Jede Kommune und ebenso der Kreis bemüht sich darum, Fachkräfte zu gewinnen oder auszubilden und zu halten. Dass Sie das dem Kreis zum Vorwurf machen, weil ihre Kommune ins Hintertreffen geraten könnte, empfinde ich als eine Neid-Debatte, die uns hier nicht weiterbringt. Sinnvoller als Kirchturm-Denken erscheint mir, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, den Fachkräftemangel zu überwinden.

Sehr geehrter Landrat,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 

[TOP 8: Jahresabschlüsse 2022:] Das ordentliche Ergebnis für 2022 beträgt +23,4 statt der ursprünglich geplanten -16,2 Mio. €. Danke an die Kämmerei für die konservative Planung und ans Land für den erhöhten Kopfbetrag, der uns höhere Schlüsselzuweisungen beschert hat. 

Die größte Überschreitung beim Budget haben wir beim Jugendamt zu verzeichnen aufgrund gestiegener Fallzahlen. Wir haben es hier mit dem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun, dass es einer kleinen aber zunehmenden Anzahl von Familien schwerer fällt, adäquat mit den immensen Herausforderungen unserer Zeit umzugehen. Die bundesweit angestiegenen Fallzahlen bei häuslicher Gewalt seit Corona belegen dies auch von anderer Stelle. Es ist eine spannende Aufgabe, hier an Mitteln verbesserter Prävention zu arbeiten.

Wir haben zum Jahresende 2022 freie liquide Mittel in Höhe 75,0 Mio. Euro zu Verfügung. Zugleich stieg die Gesamtverschuldung auf 76,58 Mio. Euro. Dass die liquiden Mittel sich auf dem Niveau der Gesamtverschuldung bewegen, sehen wir tendenziell als Indiz für einen gesunden Kreishaushalt 2022. Besser jedenfalls als die Aussichten.

[TOP 9: Überplanmäßige Ausgaben GRN:] Die hauptsächlichen Schwierigkeiten bei den weiteren finanziellen Aussichten unseres Kreises sehen wir in der Gesundheitspolitik von Bund und Land. Uns allen ist das zunehmende Defizit unserer kreiseigenen Gesundheitseinrichtungen bekannt. Dieses Defizit ist bedingt durch eine falsche Schwerpunktsetzung der übergeordneten politischen Ebenen, die einen Rückzug aus der Fläche begünstigt, anstatt auf eine möglichst patientennahe Versorgung zu setzen. Wir machen hier im Kreis unsere Hausaufgaben, so gut es machbar ist. Ich selbst bin als Mitglied der Taskforce GRN daran beteiligt, unsere Krankenhausgesellschaft zukunftsfähig aufzustellen. Besondere wichtig ist mir dabei, dass das Personal nicht weiter leidet, nachdem es in der Pandemie auf Anschlag gefahren wurde. 

Aber ein Umsteuern von Bund und Land ist und bleibt notwendig. Die vorgesehene Abkehr von Fallpauschalen zu Vorhaltepauschalen ist dabei ein Anfang, aber eben auch nicht mehr. Eine sichere und auskömmliche Finanzierung gerade der kleineren Häuser in der Fläche ist damit noch nicht erreicht. Wir alle hier bleiben da dran und werden uns weiterhin für eine gute öffentliche Gesundheitsversorgung in allen Teilen unseres Kreises einsetzen. 

[TOP 10: Strategische Ziele:] Unsere strategischen Ziele sind ein lebender Ausdruck dafür, dass unsere Werte und Normen stetig neu verhandelt werden. Dies zeigt sich z.B. daran, dass im kommenden Jahr die Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht als neues strategische Ziel im Tableau aufgestiegen ist.

Aus linker Sicht erscheint uns besonders wichtig, dass ab dem nächsten Jahr endlich Handlungsstrategien zur Bekämpfung von Armut im Rhein-Neckar-Kreis in den Kanon unserer zentralen Zielstellungen aufgenommen werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass unser Kreis einen Nothilfefonds gegen Energiearmut aufgelegt hat, damit niemand bei uns im Dunklen und im Kalten sitzen muss. Da war die operative Praxis weiter als die strategische Zielbestimmung. Nun bringen wir beides in Deckung.

Zugleich sehen wir ein Problem darin, dass der Deckungsgrad des Nettoressourcenbedarfs im Sozialbereich durch das Kreisumlageaufkommen zum wiederholten Male sinkt auf nur noch 86,2 Prozent. In der Folge werden wir erneut einen größeren Anteil an Mitteln für unsere sozialpolitischen Maßnahmen aus anderen Teilen des Haushalts abziehen müssen, denn eine verantwortungsvolle Sozialpolitik darf nicht zur Disposition stehen. 

Einen Punkt möchte ich gern erwähnen, der nicht nur mir, sondern auch meiner Kollegin Claudia Felden (FDP) sehr wichtig ist. Subsumiert unter dem Thema Wirtschaftsförderung konnten wir gemeinsam ein neues Ziel erwirken, ich zitiere:

„Die bereits bestehenden Aktivitäten im Bereich der Fachkräftesicherung werden durch die Vermittlung von erprobten Ansätzen und Fördermöglichkeiten für angemessene und bezahlbare Wohnangebote für junge Menschen / Auszubildende unterstützt und gestärkt.“ 

Damit wird in diesem Punkt die Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik hergestellt. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren gedacht?